Heimatblatt Nr. 058
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Leseprobe
Anordnungen der kurpfälzischen Regierung an das Oberamt Bacharach (Autor: Walter Zahn)
Kurfürst Karl Theodor, der seit 1778 in München residierte, kehrte nach vielen Unstimmigkeiten mit den bayerischen Untertanen am 11. Oktober 1788 wieder nach Mannheim zurück, um auf immer in der Pfalz zu bleiben.
Die Rückkehr des Kurfürsten samt seines Hofes wurde vom Volk begrüßt in der Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Aufschwung. Jedoch nach acht Monaten verließ er Mannheim schon wieder und kehrte nach München zurück. Zur gleichen Zeit hatten im benachbarten Frankreich schon die Unruhen begonnen, die mit den einher gehenden kriegerischen Aktivitäten die Landkarte Europas verändern sollten.
In seinem zweibändigen Werk "Die Geschichte der Rheinischen Pfalz" aus dem Jahr 1845 lässt der Autor Dr. Ludwig Häusser nichts Gutes an der Verwaltung, der Wirtschafts- und Sozialpolitik der kurfürstlichen Regierung unter dem Kurfürsten Karl Theodor.
Er beschreibt den Hochmut der Beamten auf ihren geerbten oder gekauften Stellen, das Aussaugen durch die Steuerbeamten und die Drangsale der Bevölkerung durch die kurpfälzische Bürokratie.
Als sich 1789 im linksrheinischen Teil der Kurpfalz der Ausbruch der französischen Revolution durch den Sturm auf die Bastille am 14. Juli in Windeseile verbreitete, fand dies und vor allem die Schlagworte Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und die Abschaffung der Feudalrechte , in Teilen der Bevölkerung große Beachtung.
Unter anderem berichtete auch die "Privilegierte Mainzer Zeitung" über dieses Ereignis. In der Folgezeit warben Flugblätter mit revolutionären Texten in den grenznahen kurpfälzischen Gebieten darum, sich der Revolution anzuschließen. Im nahegelegenen kurtrierischen Boppard, wo sich die Bürger schon seit 1786 gegen eine neue Forstordnung auflehnten, befürchtete der Regierungskommissar Geheimrat v. Münch Ende Juli 1789, dass "das Volk, wie schon vielfach geredet wird, sich nach dem Pariser Vorgang bilden und mit solcher Gewalt vordringen" werde. Erst ein Militärkommando von 240 Mann konnte die aufmüpfigen Bürger im April 1790 zum Einlenken bringen. halten.
Im Spätjahr des Jahres 1789 warnte die kurpfälzische Regierung vor den Umtrieben "benachbarter Länder". Seit Februar 1790 wurden Bürger, welche Zeitungen aus Frankreich mitbrachten, verteilten oder vorlasen, mit Gefängnis bedroht. Unter diese Gängelung wird man auch die Anordnungen der kurpfälzischen Regierung in Mannheim einordnen können, die am 1. März des Jahres 1791 an das Oberamt Bacharach ergingen und detailliert vorschrieben, wie sich der Stadtund Viertäler-Rat künftighin zu verhalten und die ihm übertragenen Amtshandlungen durchzuführen und einzuhalten hatte.
Für den Stadt- und Viertälerrat erging die Anordnung, dass dieser jede Woche mittwochs im Rathaus eine Ratssitzung durchzuführen hatte. Sollte ein Feiertag auf diesen Tag fallen, so war die Zusammenkunft auf den darauffolgenden Tag zu verlegen.
In den übrigen Orten Manubach, Oberdiebach und Steeg wurde eine Sitzung des Gemeinderates alle 14 Tage an einem Montag angeordnet.
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Wie Bismarck Ehrenbürger von Bacharach wurde (Autorin: Dr. Dagmar Aversano-Schreiber)
1888 wurde der Enkel Wilhelms I., Wilhelm II., zum Kaiser ernannt. In den wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Bereichen brachte er Deutschland vorwärts. Seine Politik galt als modern, doch ein sozialer Wandel fand nicht statt. Er liebte das Militär und hatte viele Kritiker, unter anderem den durchaus umstrittenen Politiker Otto von Bismarck, mit dem er sich nicht verstand und den er nach fast zwei Jahrzehnten als Reichskanzler im März 1890 aus seinem Amt entließ. Dieser zog sich auf seinen Altersruhesitz nach Friedrichsruh im Sachsenwald bei Hamburg zurück. Hier hätte die Geschichte zu Ende sein können. Aber Bismarck, wütend über seine Absetzung, gelang es in den folgenden Jahren durch geschickte Selbstinszenierung in seinen Memoiren, in der Presse und seiner Darstellung auf Fotografien sowie seiner anhaltenden Kritik am neuen Kaiser an seiner eigenen Legende zu arbeiten und in der Bevölkerung schon zu Lebzeiten zum Mythos zu avancieren. Etliche Biografien, Gedichte, Festreden und Zeitungsartikel würdigten ihn als Schmied des Deutschen Reiches und echten Patrioten. Er hatte die territoriale Zerrissenheit Deutschlands beendet und es geeint. Ein erster Höhepunkt des Personenkultes war sein 80. Geburtstag am 1. April 1895. Zu diesem Anlass wurden dreihundert Bismarck-Vereine gegründet, zahllose Denkmäler in Form von Gedenksteinen, Büsten, Relieftafeln, Standbildern etc. errichtet, Bismarck- Bäume gepflanzt und Straßen, Ortschaften und sogar Heringe nach ihm benannt. Sozialdemokraten und die katholische Kirche protestieren gegen diesen "nationalen Götzendienst", jedoch vergeblich. Wilhelm II. hatte Sorge, dass Bismarck zu sehr in den Vordergrund rücken könnte, da dessen Anhänger in ihm den eigentlichen Reichsgründer sahen, der Wilhelm I. 1870 erst überzeugen musste, aus Preußen einen gesamtdeutschen Staat zu machen.
Sein Enkel bemühte sich, den Großvater als eigentlichen Initiator der Gründung des neuen deutschen Kaiserreiches bei der Bevölkerung in den Mittelpunkt zu stellen. So wurden zwischen 1896 und 1897 Denkmäler für den verstorbenen Kaiser am Kyffhäuser, an der Porta Westfalica und am Deutschen Eck mit viel Pomp eingeweiht. Da sie in schöner Landschaft lagen, wurden sie gerne von den Deutschen besucht.
Bismarck war während seines Studiums Mitglied der Studentenverbindung Corps Hannovera Göttingen geworden und war es zeitlebens geblieben. Schon früh suchte der Verein Deutscher Studenten Kontakt zu ihm. Über 600 Studenten reisten - wie so viele andere - zu seinem 80. Geburtstag an und überreichten ihm eine Ehrengabe. Dieses Ereignis wird auch in offiziellen Gedenk- und Jahrbüchern erwähnt und gibt einen Einblick in die damalige Gedankenund Gefühlswelt der Deutschen.
Am 19. Mai 1895 überreichen die Rheinländer, insgesamt 750 Personen aus 60 Städten - darunter Bacharach - dem Fürsten von Bismarck in Friedrichsruh einen "Gesammt-Ehrenbürgerbrief". Einige Städte überreichen Einzel- Bürgerbriefe.
Der Wortlaut des "Gesammt- Ehrenbürgerbriefes" lautet: "Wir, rheinischer Städte Bürgermeister, Beigeordnete und Stadtverordnete, haben aus deutscher Dankespflicht beschossen, Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Bismarck, Herzog zu Lauenburg, unserem Altreichskanzler, für seine unsterblichen Verdienste um des Vaterlandes Einheit und hiermit auch um unserer Städte Wohl die höchste Auszeichnung, das Ehrenbürgerrecht unserer Städte, zu verleihen. Deß zur Urkunde haben wir diesen Ehrenbürgerbrief eigenhändig unterschrieben. So geschehen [zu] Andernach."
Der Oberbürgermeister von Remscheid, Ludwig von Bohlen, hält stellvertretend für alle die Ansprache: "Durchlauchtigster Fürst und Herzog! Freie Bürger aus 89 rheinischen Städten haben es sich nicht nehmen lassen, hierher zu pilgern, um ihrem Altreichskanzler zu huldigen. Drei Motive bewegen uns. Zunächst der Wunsch, Ihnen, Durchlaucht, zu Ihrem 80. Geburtstage aus tieffster Seele herzinnigsten Glückwunsch darzubringen, einen Glückwunsch von Auge zu Auge mit der bitte an den allmächtigen Gott, Sie uns noch lange Jahre in körperlicher und geistiger Frische zu erhalten.
Sodann, Durchlaucht, der Wunsch, Ihnen zu danken, aus deutschem Herzen für die Verwirklichung des Traumes der Jahrhunderte zu danken, daß die Einheit und Ehre unseres deutschen Vaterlandes zur Wirklichkeit geworden ist. Endlich, Durchlaucht, tief in Ihr Auge zu schauen und aus Ihrem Blick die Kraft erneut in uns aufzunehmen, für Ihr Werk mit unserem Leben und dem unserer Kinder einzustehen. Den treuesten Paladin unseres großen, unvergeßlichen und unsterblichen Königs, dem Altreichskanzler, wollen wir rheinischen Männer mit unseren Damen in Dank und Treue huldigen. Meine rheinischen Mitbürger! Ist es Ihnen also um's Herz, wie ich gesagt habe, so legen Sie in das Hoch, zu dem ich Sie jetzt aufrufe, das Gelübde hinein, dem Altreichskanzler die Treue zu halten bis zum Tod, ja über das Grab hinaus. Dem Altreichskanzler, unser Bismarck, lebe hoch!"
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