Heimatblatt Nr. 44

Titelbild

amerikanische Luftaufnahme von Bacharach - August 1953

Inhaltsverzeichnis

  • ln eigener Sache
  • Es stand in der Zeitung
  • Geburt und Taufe, Hochzeit und Tod im Denken und Fühlen der Menschen in früherer Zeit
  • Bacharach Heilig-Geist-Hostpital Leseprobe
  • Bodenfliesen aus der alte Posthalterei Bacharach
  • Ursula und Reinhard Stropahl feiern Gnadenhochzeit
  • Die Steeger Hebammenordnung Leseprobe
  • Feldpostkarte aus dem ersten Weltkrieg
  • Die Rheingoldstraße: Landrats-Initiative erschließt neues Fremdenverkehrsgebiet
  • Tornado verwüstet den kleinen Ort Pilger in Nebraska

Leseprobe

Leseprobe  Bacharach Heilig-Geist-Hostpital

[Autor/in: Dr. Dagmar Aversano-Schreiber]

Im Mittelalter wurden in Deutschland und anderen christlichen Ländern. von der Kirche viele Hospitäler eingerichtet, um Arme, Kranke und Reisende zu versorgen. Auch Pfründner kauften sich dort ein, um bis an ihr Lebensende versorgt zu werden. Im 13. Jahrhundert wurden jedoch zahlreiche Hospitäler gegründet, die von der Kirche weitgehend unabhängig waren. Der zuständige Landesherr bzw. reiche Bfuger stellten die nötige Ausstattung an Gnmdbesitz oder Natural- und Zinseinnahmen zur Verfügung und übergaben ihre Stiftung sodann dem jeweiligen Stadtrat zur Oberaufsicht, während die eigentlichen Fürsmgeaufgaben von sogenannten Laienbruderschaften übernommen wurden. Das Bacharaeher Heilig-Geist-Hospital Wl.tt'de im Jahr 1288 von Pialzgraf Ludwig II. gestiftet. Er hatte darüber binaus als Sühneleistung für den Mord an seiner Ehefrau, Maria von Brabant, dem Orden der Wilhebniten ein Gelände vor den Toren Bacharachs überlassen, wo angeblich der Leichnam des Knaben Werner gefunden worden war und auf welchem sie nunihr Kloster bauen konnten. Besonders im.13. und 14. Jh. hatten sich die Wllhelmiten auf den Unterhalt von Hospitälern spezialisiert, möglicherweise kümmerten sie sich auch um die Insassen des Bach.a:racher Hospitals. Der Spitalbezirk Wl.tt'de durch den Münzbach im Norden. die untere Straße (heute Langstraße) im Osten und durch die Oberstraße im Westen begrenzt. Ob die Münze, die erstmals 1365 erwähnt wird, auf ehemaligem Spitalgebiet erbaut wurde oder die Grenze ursprüuglich weiter östlich lag, kann nicht mehr mit Bestimmtheit festgestellt werden. Die Südgrenze lag im Bereich der Fleischstraße. Heute sind nur noch wenige Mauem und ein Teil der Kapelle erhalten.

Die Hospitalkapelle war mit zwei Altären ausgestattet. 1398 wird ein Altar für Johannes Evangelistos erwähnt. 1452 stiftete Pfalzgraf Friedrich einen neuenAltar. 1472 wird das Hospital wieder erwähnt. Die Verwaltung erfolgte durch die Räte der "niedertäler"-Gem.einden Bacharach und Steeg. Nach einem Güterverzeichnis des 16. Jh. gehörten zum Hospital "Haus und Hof im Zehndenviertel mit allem Zubehör, daran stoßender Kirchen, Kirchhof, Armenleuthhaus, Dachtrauf und Bachrecht, an dem großen Bach gelegen". Neben Weinbergen und Grundstücken in Bacharach besaß das Hospital in Gensingen bei Bingen "50 Parzellen verpachtet für im ganzen 46 Malter Kom." Die Franziskaner besetzten 1628, ohne Erlaubnis des Senats, das Heilig-Geist-Hospital, reparierten es und richteten es für sich ein. Als Bacharach 1632 von den schwedischen Truppen eingenommen wurde, vertrieben die Schweden die Franziskaner. Am 30. November 1635 wurde den Kapuzinern die vorläufige Nutzung eines Teils des Spitals gestattet. Am2. August 1636 erhielten die Kapuziner auch die vordere Hälfte des Hospitals. Ein Zimmer zum Prüfen der Rechnungen und die Möglichkeit der Weineinlagerung behielt sich der Magistrat allerdings vor.

Die Franziskaner wollten die Vertreibung rückgängig machen. Dies wurde im Spätsommer 1639 auch befürwortet. Am 14. Mai 1640 wurde die Stadt erneut von den Schweden eingenommen. Die Franziskaner mussten gehen. 1641 garantierten die Franziskaner wieder Weineinkellerung und das Rechnungszimmer im Hospital. Nach dem Westfälischen Frieden wurden sie 1650 abermals aus Bacharach vertrieben. Die Kapuziner hatten sich zwischenzeitlich in U>rchangesiedelt. 1669 wirddie Wohnung eines "Spitalmeisters II erwähnt. Auch in der Beschreibung des Oberamtes Bacharach von 1669 wird das Spital benannt: Das Spital besaß einen Kirchhof, eine reichliche Anzahl von Gütern 1.md einige Gebäude mit einem ''Kirchlein oder Capelien zumm. Geist genand."

Etwas ausführlicher: "In der Statt hat es auch ein Hospital, vor Arme und Kranke, darzu einig Gebau mit einem Kirchiein oder Capelien zum m. Geist genand, so vor alters von vermögenden Leuten gestiftet, und vor diesem darin gewisse Praebender gehabt, die sich hierin gepfründet. Dessen Provisores und Verwalter seind der Rath der Niedem Thäler Bacharach und Steegh. Und hat das Oberampt die Oberaufsicht, inmaßen jährlich durch Abwechslung einer aus den dreyen Rathspersonen zu Bacharach:/ deme einer aus Steegh mit zugeordnet wird:/ der Hausmeister, welcher die Gejäll und Ausspendung verrechnet. Die Behausung wird durch einen Hofmann bewohnt, so den Namen eines Hospital Meisters hat, den der Rath dahinein verordnet.

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Leseprobe  Steeger Hebammenordnung

[Autor/in: Sabine Zahn]

Dieser Hebammeneid der Gemeinde Steeg stammt aus dem 15. Jahrhundert. Ein Original ist nicht erhalten. Es liegt eine Abschrift (1897) einer noch weiter zurückliegenden Abschrift des Steeger Ratsbuches (1645) vor. Nach dieser Aufzeichnung stammt der Textaus dem Jahr 1479.

Der Hebammen Eydt

Als, sie soll dem aller eisten Bürgermeister ihre Handtreu geben und uff ihre fräuliche Ehre Tott und dem heiligen Evangelium einen Eid schwören, die rechte Hand auf die linke Brust legen. Zum ersten, daß sie den Frauen, die ihr zu ihrer Zeit welche ihrer begehren, es sei Tag oder Nacht, gegenwärtig bereit, auch getreu und behülflich zu sein, nit ansehen Silber oder Gold, Lieb oder Leid, Zorn oder Haß, dem Armen als dem Reichen, und aus der Arbeit nicht gehen, es sei denn alles geschehen was dazu geführet und gebühret. Solls auch nicht auswendig des "Thais" gehen ohne Vorwissen der Bürgermeister; so soll auch sich die Hebamme, der Furcht Gottes und eines gottseligen Lebens und Wandels sich befleißigen und mit ihrem Gespräch bei den Weibern, zum Zank oder Hader, andere Leut verleumden, kein Ursach geben.

Der Hebammeneid fügt sich in eine Reihe weiterer Eide oder Verpflichtungen, wie zum Beispiel der Steeger Schützen-Eid, die Totengräberordnung oder der Kühehirten-Eid. Es handelt sich hier um Verpflichtungen von durch die Gemeinde angestellten Personen.

Der Steeger Hebammeneid verpflichtete die Hebamme zur jederzeitigen Hilfeleistung. Tägliche Arbeitszeiten (zum Beispiel für einen Schichtwechsel bei einer längeren Geburt), Urlaubstage oder eine Vertretungsregelung waren nicht vorgesehen. Die Hebamme hatte jeder Person Hilfe zu leisten, insbesondere auch den Armen. Die Bezahlung war nicht geregelt. Es bleibt offen, ob die Gemeinde bei Personen, die den Dienst der Hebamme nicht bezahlen konnten, die Bezahlung übernahm.

Bei den bekannten Hebammenordnungen größerer Städte war die Hebamme bei der Stadt angestellt und wurde auch von ihr bezahlt. Jede Geburt war bis zum Ende durchzuführen. Insbesondere bei längeren Geburten war keine Vertretung vorgesehen. Die Steeger Hebamme war zur Anwesenheit im Ort verpflichtet. Sie durfte Steeg nur verlassen, wenn der Bürgermeister darüber informiert (und wohl auch einverstanden) war. Letztlich hatte die Hebamme einen tadellosen moralischen Lebenswandel zu führen.

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