Schriftenreihe - Nr. 38

Die Pfalzgrafschaft bey Rhein unter Kaiser Friedrich Barbarossa

Autoren :

Dr. Dagmar Aversano-Schreiber
Christian Binz
Wolfram Dechent
Marion Singerbr
Walter Zahn

Herausgeber und Verleger:

Verein für die Geschichte der Stadt Bacharach und der Viertäler e. V.
Postfach 1139
55419 Bacharach

Redaktion:

Christian Binz

Layout:

Christian Binz

Druck:

PSL Printservice Listl, 55411 Bingen

Erschienen

2020

Seiten

77

Preis:

4,00 EUR

Inhaltsverzeichnis

  • Vorwort Leseprobe
  • Wolfram Dechent | Die Hofämter am Königshof im Mittelalter
  • Marion Singer | Aufgaben und Bedeutung des Pfalzgrafen bei Rhein in der Politik der staufischen Herrscher
  • Christian Binz | Pfalzgrafen bei Rhein - von Staufern über Welfen zu Wittelsbachern
  • Dagmar Aversano-Schreiber | Burgen der Pfalzgrafen: Stahleck und Fürstenberg Leseprobe
  • Dagmar Aversano-Schreiber | Kloster Schönau und seine Beziehung zu Stahleck
  • Walter Zahn | Burgen der Pfalzgrafen: Burgruine Stahlberg über Steeg Leseprobe

Leseprobe

Vorwort

Das Landesmuseum Mainz zeigt zwischen dem 9. September 2020 und dem 18. April 2021 die Landesausstellung "Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht". Diese deckt den Zeitraum von der Kaiserkrönung Karls des Großen im Jahre 800 bis zur Goldenen Bulle 1356 - in der die Regeln zur Wahl und Krönung von Königen und Kaisern des Heiligen Römischen Reiches festgeschrieben wurden - ab.

In Bacharach und dem Viertälergebiet waren seit dem 12. Jahrhundert die Pfalzgrafen bei Rhein Inhaber der Vogtei. Die Pfalzgrafen wurden später zu einem der sieben Kurfürsten, also den bedeutendsten Fürsten, die den Herrscher des Heiligen Römischen Reiches wählten. Die Pfalzgrafen standen den Herrschern recht nahe; sie waren gar deren Vertreter.

Der Verein für die Geschichte der Stadt Bacharach und der Viertäler zeigt zwischen September 2020 und April 2021 eine kleine Ausstellung mit dem Titel "Die Pfalzgrafschaft bey Rhein unter Kaiser Friedrich Barbarossa" in der Josefskapelle in Bacharach. Diese Ausstellung veranschaulicht die Bedeutung der Pfalzgrafen, ihre Beziehungen zum jeweiligen Herrscher und dem Viertälergebiet (Bacharach, Diebach, Manubach und Steeg). Den Umständen geschuldet, können leider keine Exponate, sondern lediglich Tafeln präsentiert werden.

Dieser Sammelband soll die sechs Themenbereiche der Ausstellung vertiefen und mit Quellen belegen. Zunächst führt Wolfram Dechent den Pfalzgrafen als einen Träger der königlich/kaiserlichen Hofämter (Erztruchsess) ein. Marion Singer leitet zur Bedeutung und den Aufgaben speziell der Pfalzgrafen über. Die Beziehungen zwischen den Pfalzgrafen und dem jeweiligen Herrscher stellt Christian Binz dar. Die drei Burgen im Viertälergebiet - Stahleck (über Bacharach), Stahlberg (über Steeg) und Fürstenberg (über Rheindiebach) - stellen Dagmar Aversano-Schreiber und Walter Zahn vor. Die Pfalzgrafen residierten im 12. Jahrhundert auf Burg Stahleck. Als Einschub - zwischen den Burgendarstellungen - geht Dagmar Aversano-Schreiber auf die Beziehungen des Zisterzienserklosters Schönau (sowie anderer Klöster) und den Pfalzgrafen bzw. Stahleck ein.

Um den Umfang dieser Schrift nicht allzu sehr auszudehnen, haben wir uns für ein kleines Heft - welches in der Kleinen Schriftenreihe als Nr. 38 erscheint - entschieden. Dieser begrenzte Platz bedeutet folglich auch, dass die behandelten Themen nur angerissen werden konnten und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.

Diese Schrift, wie auch die Ausstellung, wurden von fünf Personen zusammengestellt. Jedes Thema wurde d urch den persönlichen Stil der Autoren geprägt. Die Quellen sind als Fußnoten unter der jeweiligen Seite angegeben, Zitate kursiv in Anführungszeichen gesetzt.

Wir wünschen gute Unterhaltung beim Lesen!

Leseprobe

...Burg Fürstenberg

Die auf einem Bergsporn über Rheindiebach gelegene Burg Fürstenberg wurde zwischen 1217 und 1219 vom Kölner Erzbischof Engelbert I. zur Sicherung des kölnischen Besitzes gegen das pfalzgräfliche Machtstreben in den Viertälern erbaut. Bereits 1243 wurde sie den Pfalzgrafen als Lehen überlassen. Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts ist die Erhebung eines Land- und Schiffszolls überliefert. 1292 musste sogar König Adolf von Nassau an der Burg Fürstenberg Zoll entrichten. 1314-1354 war sie an Erzbischof Balduin von Trier verpfändet, 1410 wurde sie endgültig kurpfälzisch. Kaiser Ludwig IV. und Kurfürst Ottheinrich hielten sich längere Zeit dort auf. Im Dreißigjährigen Krieg eroberten die Spanier die Burg und überließen sie dann den schwedischen Besatzern. Seit ihrer Zerstörung im pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 durch die Franzosen ist sie eine Ruine. Sie erweckte das Interesse des preußischen Königshauses. Friedrich Prinz von Oranien-Nassau erwarb 1845 das Areal von den Gebrüdern Kurz und schenkte es seiner Frau, Prinzessin Luise, der Schwester von König Friedrich Wilhelm IV. Luise wollte die Ruine zu einem prächtigen neogotischen Schloss ausbauen lassen und beauftragte den Architekten C. de Jong mit dem Zeichnen der Pläne. Diese wurden jedoch nie verwirklicht. Sie befinden sich heute im Archiv der Familie zu Wied. Nach dem Tod des Ehepaars ging die Ruine zunächst in den Besitz von deren Tochter, Fürstin Marie zu Wied, über. 1910 kaufte die Familie Wasum aus Bacharach das Gelände und 1993 schließlich Gernot Stelter aus Rheindiebach. In Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz wurden umfangreiche Maßnahmen zur Erhaltung der Burganlage unternommen.

Die Hangburg, die in die Ortsbefestigung integriert war, wurde gegen den Berg mit einem zwölf Meter tiefen Halsgraben und einer zehn Meter hohen Schildmauer gesichert. Der Bering war ehemals über eine Zugbrücke und ein Torhaus zugänglich, heute überwindet eine feste Brücke den Graben. Am höchsten Punkt inmitten der Kernburg ragt der sich nach oben verjüngende runde, 25 m hohe Bergfried aus der Zeit 1220/40 auf. Der Zinnenkranz wurde in einer zweiten Bauphase erhöht. Die Lage des Hocheingangs in 12 m Höhe ist noch an den erhaltenen Dreifachkonsolen aus Basalt erkennbar. Der untere Bereich des Turms diente als Vorratsraum und vielleicht auch als Verlies. Nachträglich wurde hier ein zusätzlicher Eingang durch die vier Meter dicke Mauer gebrochen. Das Mauerwerk besteht vorwiegend aus Schieferbruchstein, teilweise mit Ziegeldurchschuss. Für die Öffnungen wurden Tuff und Ziegel verwendet. Die Gebäude waren ursprünglich hell verputzt. Im 14. Jahrhundert wurden auf weißer Grundierung bunte Farbakzente aufgebracht. Diese entfernte man zugunsten des heute am Bergfried und anderem Gemäuer noch sichtbaren, mittelalterlichen gelbweißen Kalkputzes. Der ehemals drei Stockwerke hohe Palas des 14. Jahrhunderts, der teils in Fachwerk errichtet war, sowie weitere Gebäude sind weitgehend zerstört. Das Aufkommen der Feuerwaffen um 1500 erforderte den Anbau eines Dreiviertelturms an der westlichen Schildmauer. Sie, ist neben Stahlberg, die einzige nicht wieder aufgebaute Burgruine am linken Ufer des oberen Mittelrheins

1839 unternahm der berühmte französische Schriftsteller Victor Hugo mit Juliette Drouet, seiner lebenslang von seiner Frau geduldeten Geliebten, eine Rundreise durch das Elsass, die Schweiz und die Provence. Diese Reise führte ihn über Toul, Nancy, Zabern und Straßburg erstmals an den Rhein. Auch auf der zweiten Reise im Jahr 1840 begleitete ihn Juliette. Aber diesmal hegte Hugo die Absicht, die Reise literarisch zu verwerten. Vom 29. August bis zum 1. November 1840 waren sie am Mittelrhein und in Süddeutschland unterwegs. Von Köln bis St. Goar genossen sie die Fahrt auf dem Dampfer. Von dort führte ihr Weg weiter nach Mainz, Frankfurt, Worms, Speyer, Heidelberg, das Neckartal und den Odenwald. Über Mosbach, Heilbronn, Stuttgart, Tübingen, die Schwäbische Alb und Tuttlingen gelangten sie schließlich nach Stockach und von da zum Rheinfall bei Schaffhausen. Durch den Schwarzwald kehrten beide zurück nach Heidelberg. Über Mannheim, Bad Dürkheim und Kaiserslautern fuhren sie auf der üblichen Strecke durch Lothringen und die Champagne zurück nach Paris. Auf dem Weg von Rheindiebach nach Bingen beschrieb Hugo seine Eindrücke: "Des anderen Tags um fünf ein halb Uhr morgens, nachdem ich die nötige Anweisung gegeben, daß mein Gepäck nach Bingen geschafft werde, verließ ich Lorch im Frührot, und ein Nachen brachte mich an das jenseitige Ufer. Wenn Sie jemals diesen Weg machen, so tun Sie wie ich. Die römischen, romanischen und gotischen Ruinen des linken Ufers haben weit mehr Interesse für den Fußgänger als die Schiefer des rechten. Um sechs Uhr nach einem steilen Emporsteigen zwischen Weinreben und Gesträuchen saß ich auf dem Gipfel eines Berges von ausgelöschter Lava, die das Schloß Fürstenberg und das Tal von Diebach beherrscht, und hier konnte ich einen Irrtum der Altertumsforscher berichtigen. Sie erzählen nämlich, daß der große Turm auf Fürstenberg außen rund und innen sechseckig sei. Von dem erhabenen Platz aus, wo ich mich befand, konnte ich hinreichend tief in den Turm hinabblicken, und ich kann versichern, daß er innen so rund wie außen ist. [...]". Im Januar 1842 brachte Victor Hugo seine zweibändige Ausgabe "Le Rhin. Lettres à un ami" heraus. Ebenfalls 1842 erschien in Frankfurt am Main die deutsche Fassung. Die Rheinromantik erreichte in "Le Rhin" ihren Höhepunkt und gilt bis heute als Klassiker. Dennoch geriet das Werk bald in Vergessenheit und war in Frankreich jahrzehntelang nicht mehr im Buchhandel erhältlich. Erst 1981 wurde es wieder neu aufgelegt. 1982 erschien eine vollständige Ausgabe in Deutschland.

Leseprobe

...Burg Stahlberg

Am Ausgang des Steeger Tales nach Breitscheid hin erheben sich auf einem lang gezogenen, südöstlich zum Dorfende verlaufenden Bergsporn, der nach den auf beiden Seiten verlaufenden Tälern des Dorweiler- und Borbachs steil abfällt und zum Spornende hin in einem ausgeprägten Felsmassiv ausläuft, die Mauern der Ruine Stahlberg. Die Burganlage wurde dem Verlauf des auslaufenden Felssporns angepasst und hat eine ovalrechteckige Form. Der Zugang befindet sich an der schmalsten Stelle der Anlage zur Vorburg und Bergseite hin. Die natürliche Formation des Felssporns war auch bestimmend für die Höhengliederung der Burg. Diese ist unterteilt in Unter- und Oberburg.

Das Tor befindet sich in 211 Metern Höhe ü. NN. Der Bereich der Unterburg liegt im Höhenbereich von 213 bis 215 Metern. Direkt hinter der Schildmauer mit dem integrierten Toreingang entstand der runde Bergfried, der diesem Eingangsbereich nochmal besonderen Schutz verlieh und den Unterburgbereich beherrschte. Die Verbindung zur Oberburg wurde durch einen in den ansteigenden Felsgrat gehauenen Karrenweg hergestellt. Die Radspuren in diesem zu Tage liegenden Fels sind noch sehr gut sichtbar. Die Ebene der Oberburg liegt bei etwa 220 Metern Höhe und steigt am Spornende nochmal auf 226 Meter an. Hier hat man an dem auf etwa 231 Meter4 aufsteigenden Felsen durch künstliche Bearbeitung die Flanken versteilt und auf dem geschaffenen Felsplateau den rechteckigen Donjon (Wohnturm) erstellt, der die Oberburg dominiert.

Die Entstehungszeit der Burg lag bisher weitgehend im Dunkeln. Lange ging man davon aus, dass sie zeitgleich mit Burg Fürstenberg in Rheindiebach, also etwa um das Jahr 1219, entstanden sei. Im Rahmen einer bauhistorischen Untersuchung wurden im Jahr 2004 vier Holzproben aus drei verschiedenen Bauteilen der Ruine für eine dendrochronologische Untersuchung herausgenommen. Die erste Probe stammt vom Ende eines als Ringanker in den Mauerfuß eingesetzten Eichenbalkens aus dem rechteckigen Bergfried. Die Untersuchung ergab, dass der Baum für den Ringanker etwa in den Jahren 1157-1166 gefällt und dann wahrscheinlich im Folgejahr verbaut wurde. Die zweite und dritte Probe wurde von Balken entnommen, die sich an dem in etwa 9 Metern Höhe befindlichen Turmzugang als Türschwelle bzw. als Unterzug im Inneren des Zugangs befanden. Das Untersuchungsergebnis bei der aus dem Türschwellenbalken entnommenen Probe ergab, dass der Baum während der Vegetationsruhe des Jahres 1164/65 geschlagen und voraussichtlich im Laufe des Jahres 1165 eingebaut wurde. Die Probe drei aus dem Unterzugbalken im Bereich des Zugangs, wie auch die Probe vier aus der Ringmauer neben dem Toreingang am Rundturm, erlaubten aufgrund zu weniger Jahresringe keine sichere Datierung.5 Im Gegensatz zur heutigen Zeit, wo Holz erst nach einer Ablagerungszeit als Baumaterial verwendet wird, verarbeitete man im Mittelalter im Allgemeinen noch grünes Holz.

Es fällt auf, dass die Amtszeit des Hermann von Stahleck als Pfalzgraf (1142-1156) in der Endphase, wie auch die Ernennung seines Nachfolgers Konrads von Staufen zum Pfalzgrafen bei Rhein und die gleichzeitige Belehnung mit Burg Stahleck und der Vogtei über Bacharach und die Viertäler im Jahr 1156 durch den Kölner Erzbischof mit den dendrochronologisch ermittelten Daten zur Entstehungszeit der Burg Stahlberg korrespondiert.

Es gibt bisher keine schriftlichen Hinweise auf den Erbauer der Burg Stahlberg und auch die ermittelten Daten des verarbeiteten Holzes sagen uns nicht, wer den Bau in Auftrag gegeben hat. Sowohl der Nachfolger im Pfalzgrafenamt, Konrad von Staufen, wie auch das Erzstift Köln könnten in Frage kommen. Konrad wurde um 1134-1136 geboren, übernahm das Pfalzgrafenamt und das Lehen über die Vogtei Bacharach also im Alter von etwa 20 Jahren. Zu dem ererbten Familienbesitz kamen pfalzgräfliche Rechte und Ländereien hinzu. Mit der Übertragung der Pfalzgrafenwürde suchte er selbst von Anfang an seinen territorialen Einfluss, seinen Machtanspruch und damit die rheinische Pfalzgrafschaft auszudehnen.6 Dies könnte Pfalzgraf Konrad veranlasst haben, der vom Erzstift Köln zur Sicherung seiner Ländereien im Viertälergebiet errichteten Burg Stahleck mit der Burg Stahlberg einen starken Gegenpart entgegen zu setzen, die zudem wichtige Wege zum Hunsrück kontrollierte.

... weiter im Heft ...