Schriftenreihe - Nr. 36

SACRAS AUTEM RELIQUIAS
Über den Verbleib der Gebeine des einstigen Bistumsheiligen Werner von Oberwesel (✝1287)

Titelbild :

Reliquien mit einer Schädelkalotte aus der St. Afra-Kapelle des Doms zu Speyer.
Foto zur Verfügung gestellt von Wolfgang Franz

Autor :

Walter Karbach

Herausgeber und Verleger:

Verein für die Geschichte der Stadt Bacharach und der Viertäler e. V.
Postfach 1139
55419 Bacharach

Reproduktion und Layout:

Dr. Dagmar Aversano-Schreiber

Druck:

PSL Printservice Listl, 55411 Bingen

Erschienen

2020

Seiten

56

Preis:

3,50 EUR

Leseprobe

Das lateinische Zitat "Sacras autem relíquias" stammt aus dem zweiten Teil ("Pars verna") des Trierer Breviers von 1917. Es ist in der VI. Lesung der Zweiten Nokturn unter dem "Die 18. Aprilis S. Werneri Martyris. Duplex" zu finden, den Lesungen zum Doppelfest des hl. Märtyrers Werner. Die Texte des Breviers wurden am 12. Juli 1916 von der Ritenkongregation des Vatikans approbiert. Sie sind das Ergebnis der Revision des Offiziums unter Bischof Michael Felix Korum. Übersetzt heißt es: "Die heiligen Reliquien aber nahm zu der Zeit, da die lutherische Ketzerei diese Gegend beherrschte, der Feldherr der katholischen Armee, Ambrosius Spinola, hinweg zu fremden Nationen."

"Hic reliquiae positae sunt, quibus authentia deest." Hier seien Reliquien abgelegt, an deren Echtheit es fehlt, das stand auf einer einfachen Holzkiste, die man 1970 bei der Renovierung des Domes zu Speyer gefunden hat, als man in der Afra-Kapelle die Bodenplatten aufnahm.

Der Deckel der Kiste wurde abgenommen und ein etwa 30 cm langes, in rotes Tuch eingenähtes Paket kam zum Vorschein. Ein Pergamentstreifen gab die Auskunft, es handele sich um den Körper des hl. Erasmus. Das Tuch wurde aufgetrennt und man fand auf dem Gebein liegend ein aufgerolltes rotes Pergamentblatt, das bald als das fehlende letzte Blatt des Codex Argentius identifiziert wird, ein sensationeller Fund. Unter diesem Paket lagen zahlreiche blutbefleckte Kleidungsstücke, Haare und Knochen, teils in manchmal versiegelte Papierbriefchen, teils in Stoffhüllen gepackt oder auch ohne jegliche Umhüllung. Weitere Knochenreste und Schädelfragmente waren in ein weißes Tuch eingeschlagen. Eine kleinere Schädelkalotte, umspannt mit grobem, vergrautem Leinen und von einer verknoteten Kordel zusammengehalten, trug die Aufschrift Caput sancti Werneri.1 Allem Anschein nach hatte man das seit 1621 vermisste Haupt des hl. Werner gefunden, zumindest einen Teil davon. Man informierte das Trierer Generalvikariat und versenkte den gesamten Fund mit Ausnahme des Codex Argentius wieder in der Apsis der Afra-Kapelle.

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Die Schädeldecke Werners gelangt mit dem Mainzer Domschatz nach Speyer (1824)

Als General Spinola 1620/21 durch Pater Sailly Nachforschungen nach den Gebeinen Werners anstellen ließ, hat dieser auch mit dem Rektor des Mainzer Jesuitenkollegs, Balthasar Hager, Kontakt aufgenommen. Der diesem mit der Suche beauftragte Mainzer Pater Martin Scheffer hat die Spanier dann auf die richtige Spur geführt.35 Wie wir gehört haben, nahmen die Jesuiten Thomas Sailly und sein Mitbruder Cornelius Medardus nach der Öffnung der Wandnische zunächst den Kopf heraus und legten das Haupt mitsamt den Resten des darunter gefundenen Kissens in ein mitgebrachtes Kistchen.

Zum Dank für die gewährte Unterstützung überließ Sailly mit Spinolas Genehmigung dem Mainzer Jesuitenkolleg Gebeine ("Ossa tamen aliquot minora sunt deposita in Moguntino Soc. Iesu collegio"), und zwar mit der Auflage, sie nach der erwarteten Rückkehr Bacharachs zur katholischen Religion in die Kirche des Märtyrers zurückzubringen ("ut quo casu aliquando Catholica religio restituatur Bacharaci, habeat eadem Ecclesia aliquod sui Martyris monumentum").37 Darunter scheint auch Werners Schädelkalotte gewesen zu sein, die in einem Kistchen vermutlich von Kreuznach zum Jesuitenkolleg nach Mainz gebracht wurde, wo Rektor Martin Scheffer es in Empfang genommen haben dürfte.

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